Gene und Hochsensibilität: Warum Stress bei dir anders wirkt und was deine DNA damit zu tun hat
Für alle hochsensiblen Frauen, die nicht mehr hören können, dass sie „einfach mal entspannen" sollen
Du kennst das:
Nach einem vollen Arbeitstag mit Back-to-Back-Meetings, Slack-Pings und einem hektischen Supermarkt-Stopp auf dem Heimweg sitzt du abends auf der Couch – elektrisiert und gleichzeitig totmüde.
Dein Kopf rast weiter. Dein Körper vibriert. Die Frage was Du heute zu Essen kochen sollst überfordert dich komplett. Einschlafen? Unmöglich. Zwischen 2 und 4 Uhr liegst du wach, während dein Gehirn jedes Detail des Tages noch einmal durchspielt.
Am nächsten Morgen fühlst du dich wie durch den Fleischwolf gedreht: gereizt, vernebelter Kopf, jedes Geräusch zu laut, jede Berührung zu viel. Dein Partner fragt, ob du „vielleicht mal früher ins Bett gehen solltest". Deine Kollegin meint, du solltest „einfach mal abschalten".
Aber du kannst nicht einfach abschalten. Dein System lässt dich nicht.
From my point of view: Das ist keine Charakterschwäche. Das ist Biochemie.
Wenn „normal funktionieren" dich chronisch erschöpft
Hochsensibilität wird oft romantisiert: die empathische Freundin, die tiefgründige Denkerin, die Frau mit dem Blick fürs Detail. Was dabei unter den Tisch fällt sind die körperlichen Kosten.
Viele hochsensible Frauen berichten von:
- Chronischer Erschöpfung, die sich durch Urlaub nicht löst
- Reiz-Hangover nach sozialen Events – selbst nach wirklich schönen
- Schlafstörungen trotz bleierner Müdigkeit
- Verdauungsproblemen, die mit Stress zu- und abnehmen
- Muskelschmerzen, Verspannungen, Migräne ohne klare körperliche Ursache
- Panikattacken oder Derealisation in bestimmten Situationen (volle Räume, Hitze, Lärm)
- PMS, das sich wie ein Nervenzusammenbruch anfühlt
- Wutausbrüche, die dich selbst überraschen
Das sind keine psychosomatischen Wehwehchen. Das sind physiologische Reaktionen auf ein System, das ständig im Overload läuft.
Warum „einfach entspannen" nicht funktioniert
Stell dir vor, du hast ein Auto mit einem besonders empfindlichen Tempomat. Während andere entspannt über die Autobahn rollen, registriert dein System jede Unebenheit, jede Kurve, jedes andere Vehikel und passt sich ständig an.
Das kostet Energie. Viel Energie.
Und wenn dann noch Dauerstress dazukommt – Deadlines, emotionale Arbeit, Multitasking, laute Umgebungen –, läuft dein System auf Hochtouren, auch wenn du längst Pause hättest machen sollen.
Das Problem ist nicht, dass du „zu sensibel" bist.
Meist wird erklärt, das Problem sei, dass dein Nervensystem Reize anders verarbeitet und zwar auf eine Art, die biochemisch messbar ist. Im Grunde genommen führen wir jedoch alle ein Leben in dem Leistung eine wesentliche Rolle spielt und wir im Alltag alle zu viele Reize verarbeiten müssen, uns fehlt die entspannte Langeweile, die Reflektion und individuelle Neujustierung.
Ein interessanter Fakt: Deine Gene spielen eine wesentliche Rolle
Jetzt wird es interessant.
Es gibt genetische Varianten, die beeinflussen, wie dein Körper mit Stress umgeht. Diese Gene steuern unter anderem:
- Wie schnell oder langsam du Stresshormone und Neurotransmitter abbaust
- Wie intensiv dein Körper auf Reize und Belastung reagiert
- Wie gut du nach Stress wieder runterkommst oder eben nicht
- Wie empfindlich du auf Koffein, Alkohol, Medikamente oder bestimmte Supplemente reagierst
Das heißt: Zwei Frauen können denselben Tag erleben – die eine schläft abends wie ein Stein, die andere liegt wach und kann nicht abschalten. Der Unterschied? Oft sitzen die Antworten in ihrer DNA.
Die Gene, die den Unterschied machen
Es gibt mehrere genetische Faktoren, die mit Hochsensibilität, Stressverarbeitung und den typischen Symptomen in Verbindung gebracht werden. Hier sind die wichtigsten Player:
COMT – der Aufräum-Boss für Stresshormone
Das COMT-Gen kodiert ein Enzym, das Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin abbaut – die drei Botenstoffe, die dein Nervensystem antreiben, fokussieren und in Alarmbereitschaft versetzen.
Manche Menschen haben eine schnelle COMT-Variante – ihre „Straßenreinigung" arbeitet effizient, sie kommen schneller runter, brauchen aber auch mehr Input, um in Gang zu kommen.
Andere haben eine langsame COMT-Variante – die Straßenreinigung kommt nicht hinterher. Reize stauen sich. Das führt zu:
- Gedankenkarussellen, die nicht stoppen
- Überreizung durch Koffein, Wein, laute Umgebungen
- Schwierigkeiten beim Einschlafen (besonders zwischen 2–4 Uhr wach)
- Intensiven Reaktionen auf Stress – auch Tage später noch spürbar
- Zyklischen Schwankungen in Fokus, Stimmung und Belastbarkeit
Wenn du dich hier wiedererkennst, könnte COMT eine zentrale Rolle spielen. (Spoiler: Östrogen bremst COMT aus, deshalb erleben viele hochsensible Frauen ihre Symptome zyklisch verstärkt.)
MTHFR – der Methylierungs-Manager
MTHFR steuert die Methylierung – einen biochemischen Prozess, den fast jede Zelle im Körper braucht. Bestimmte MTHFR-Varianten können dazu führen, dass:
- Dein Körper B-Vitamine schlechter aktiviert
- Du empfindlicher auf methylierte Supplemente reagierst (Unruhe, Schlafprobleme)
- Entgiftungsprozesse langsamer laufen
MTHFR und COMT arbeiten eng zusammen – wenn beide „langsam" sind, kann das System schnell kippen.
MAOA – der zweite Abbau-Spezialist
MAOA baut vor allem Serotonin und Noradrenalin ab. Je nachdem, ob du eine schnelle oder eine langsame Variante hast, kannst du dich bei Stress entweder „flach und antriebslos" oder „aufgedreht und überreizt" fühlen.
DAO – der Histamin-Abbauer
Wenn DAO langsam arbeitet, baust du Histamin schlechter ab. Das kann zu Symptomen führen wie:
- Schlaflosigkeit nach Rotwein, Schokolade oder gereiftem Käse
- Migräne, Hautrötungen, Herzrasen
- Verstärkte PMS-Symptome
Histamin und COMT hängen zusammen – wenn COMT langsam ist, staut sich auch Histamin schneller.
Was das alles bedeutet (und was nicht)
Lass uns eines klarstellen: Gene sind keine Ausrede, und sie sind nicht dein Schicksal.
Aber sie sind eine Bedienungsanleitung.
Wenn du weißt, dass dein COMT langsam arbeitet, verstehst du plötzlich:
- Warum Koffein nach 14 Uhr bei dir bis Mitternacht nachwirkt
- Warum ein Glas Wein dich nicht entspannt, sondern aufputscht
- Warum du in der Woche vor deiner Periode „aus der Haut fährst"
- Warum manche Supplemente (wie Methyl-B12) bei dir Unruhe auslösen statt zu helfen
- Warum du nach sozialen Events einen „Reiz-Hangover" hast
Das ist keine Schwäche. Das ist ein High-Performance-System, das spezifische Bedingungen braucht, um zu funktionieren.
Der Unterschied zwischen „ich bin halt so" und „ich weiß, wie mein System tickt"
Viele hochsensible Frauen leben jahrelang in einem Zustand von:
- Chronischer Überforderung, weil sie ihr System wie alle anderen behandeln
- Schuldgefühlen, weil sie „nicht belastbar genug" sind
- Trial and Error bei Ernährung, Supplementen, Routinen – ohne Orientierung
Wenn du deine genetische Ausstattung kennst, ändert sich das Spiel.
Plötzlich wird klar:
- Wann du Gas geben kannst und wann du Pausen brauchst (Stichwort: Zyklus und COMT)
- Welche Supplemente bei dir funktionieren und welche dich aus der Bahn werfen
- Welche Reize dich stärken und welche dich hochfahren, bis du elektrisiert und müde bist
- Wie du dein Nervensystem aktiv führst, statt nur zu hoffen, dass es irgendwann „von allein" ruhiger wird
Das Ziel ist nicht, „normale Belastbarkeit" zu erreichen.
Das Ziel ist, dein System so zu verstehen, dass du es präzise steuern kannst.
COMT: Der Schlüssel zu deinem Stressmanagement
Von allen genetischen Faktoren spielt COMT für viele hochsensible Frauen die zentralste Rolle.
Warum?
Weil COMT direkt steuert:
- Wie schnell du nach Stress wieder runterkommst
- Wie gut du fokussiert arbeiten kannst und wann dein Fokus zusammenbricht
- Wie intensiv du auf Koffein, Alkohol, Medikamente reagierst
- Wie stark dich der Zyklus beeinflusst (Östrogen bremst COMT aus)
- Ob du eher zu Überreizung und Schlafproblemen neigst (langsames COMT) oder zu Antriebslosigkeit und Prokrastination (schnelles COMT)
Wenn du verstehst, wie dein COMT arbeitet, kannst du:
- Deinen Alltag so strukturieren, dass dein System nicht permanent überlastet wird
- Supplemente gezielt einsetzen (statt blind zu probieren und frustriert aufzugeben)
- Deinen Zyklus als Steuerungstool nutzen statt als unberechenbaren Gegner zu erleben
- Reize so dosieren, dass du leistungsfähig bleibst, ohne auszubrennen
Was jetzt?
Wenn du dich in diesem Artikel wiedererkennst – wenn du schon lange das Gefühl hast, dass dein System „anders tickt", dann ist es Zeit, tiefer zu schauen.
Ich habe einen detaillierten COMT-Leitfaden erstellt, der dir zeigt:
- Welche drei COMT-Varianten es gibt und wie sie sich anfühlen (du wirst dich vermutlich wiedererkennen)
- Wie COMT mit Östrogen, deinem Zyklus und deinem Alltag zusammenspielt
- Welche Supplemente bei welcher Variante funktionieren und welche du besser vermeidest
- Wie du dein Nervensystem täglich führst (Skills before Pills)
- Welche Irrtümer du streichen kannst
Das ist kein weiterer „10 Tipps gegen Stress"-Artikel.
Das ist eine biochemisch fundierte Bedienungsanleitung für dein Nervensystem.
→ Hol dir jetzt den COMT-Leitfaden und verstehe endlich, warum dein System so reagiert wie es reagiert und was du konkret tun kannst.
Deine Sensibilität ist kein Bug. Sie ist ein Feature, das nur die richtigen Betriebsbedingungen braucht.
Nicole
Epigenetics Consultant & CEO, The Healthy Sensitive™

